Graz wächst und verändert sich im Laufe des langen 19. Jahrhunderts (1789–1914) enorm. Der Verlust der Festung zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist nur der Anfang rascher Veränderungsprozesse. Die Industrialisierung, explodierende Bevölkerungszahlen und die damit verbundene räumliche Ausdehnung sowie die Notwendigkeit der Umsetzung infrastruktureller bzw. stadtplanerischer Maßnahmen durch die Entscheidungsträger dieser Zeit, führen zu einem sich ändernden „moderneren“ Stadtbild. Das Projekt „Becoming Urban“ beschäftigt sich mit der Entwicklung der Stadt Graz in diesem Zeitraum.

An welchen Stellen wurden die Mühlgänge überbaut? In welchem Jahr wird die Pädagogische Hochschule errichtet und der Hasnerplatz mit seinem “Baumkranz” angelegt? Kennen Sie die Schmiedgasse als Sackgasse? Und wann verschwindet eigentlich der große “Joanneumsgarten” zugunsten eines ganz neuen Stadtviertels mit Joanneumring und Kaiserfeldgasse?

Das Graz Museum entwickelt gemeinsam mit Projektpartnern Becoming Urban anhaltend technologisch und inhaltlich weiter. Die Quellendatenbank wird laufend erweitert und um Zusatzinformationen ergänzt, dadurch entsteht im weiteren Projektverlauf ein immer exakteres Bild einer prozesshaften Urbanwerdung von Graz und wie es im 19. Jahrhundert ausgesehen hat und wahrgenommen wurde.

Mithilfe eines Geoinformationssystems (GIS), das aus (historischen) Stadtplänen der Stadt Graz besteht, werden das Wachstum sowie die Veränderungen der Stadt, die anhaltende Verstädterung (Urbanisierung) und die Wahrnehmung dieser Prozesse im Laufe der Zeit analysierbar. Abbildungen des Stadtraums (z.B. Postkarten, frühe Fotografien, Werke aus den Bereichen Grafik und Malerei) und textuelle Stadtbeschreibungen (z.B. aus Reiseführern und Reiseberichten) werden als Quellen der Stadtwahrnehmung und Stadtbeschreibung genutzt, sie verdeutlichen im Vergleich Veränderungsprozesse dieser Zeit: Beispielsweise werden die Ortsangaben auf diesen Quellen miteinander verknüpft, auf der Karte verortet und durchsuchbar. Zusätzlich wird der aktuelle, aber meist verstreute Forschungsstand zur Grazer Stadtgeschichte mit eingebunden. So legt das Projekt „BeUrb“ eine Basis für die Analyse städtischer Entwicklung in einer Zeit, die sich stark über radikalen und raschen Wandel charakterisieren lässt.

Das GIS ist ein Tool, mit dem Orte und Strukturen identifiziert werden können, welche die Stadtentwicklung in der Vergangenheit maßgeblich beeinflussten und bis heute beeinflussen. Das Projekt gibt demzufolge nicht nur einen Ein- und Überblick in und über historische Entwicklungen sowie Begebenheiten, sondern schafft ein besseres Verständnis für das Graz, wie wir es heute kennen. Neben dem Nutzen und Mehrwert des Vorhabens für Forschung, Lehre und Wissensvermittlung, werden die web-basierten Projektinhalte auch privat sowie touristisch nutzbar sein. Das Ergebnis eines solchen Vorhabens ist ein Wissenstransfer in die Gesellschaft und schafft Bewusstsein für die Stadt und ihre Geschichte(n).

Becoming Urban ist eine Kooperation zwischen Graz Museum, Stadtarchiv Graz und Zentrum für Informationsmodellierung (ZIM-ACDH Universität Graz) und wird gefördert durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften (go!digital Next Generation).

Becoming Urban ist inzwischen auch Beiträger der Time Machine Austria.

Team:
Martina Bürgermeister | ZIM-ACDH Universität Graz
Matthias Holzer | Stadtarchiv Graz
Antonia Nussmüller | Graz Museum
Jakob Sonnberger | ZIM-ACDH Universität Graz
Leif Scheuermann | ZIM-ACDH Universität Graz